Idealisten und Selbstausbeuter – vom Leben und Arbeiten für den Film


„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“ ist ein gern zitierter Spruch von Karl Valentin. Denn er gilt immer noch. | Foto © Archiv cinearte

Miniserien gibt es nicht nur im Fernsehen. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hat sich im Juni mal mit der deutschen Filmförderung befasst und sechs Personen aus der weiteren Filmlandschaft nach ihren Erfahrungen befragt. Zusammengestellt sind die Zeugen als irgendwie repräsentativer oder sonstwie ausgewogener Querschnitt: Publikumsliebling, Produzent, hoffnungsvolle Jungfilmer (Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilm), Festivalleiter und Förderfunktionärin.

Kritische Töne soll man da nicht erwarten. Schließlich will es sich keiner öffentlich mit der Förderung verderben. Und natürlich wird die Gelegenheit auch für ein bisschen Eigenwerbung genutzt: Da lobt Petra Müller, Geschäftsführerin der Filmstiftung NRW, den Ländereffekt am Rhein, wie sie das schon in gleicher Funktion in Berlin getan hat, weil das ein „quantitativer Maßstab erfolgreicher Förderung“ sei. Und Andreas Ströhl, langjähriger Leiter des Filmfests München, meint, dass „Festivals und die damit verbundenen Auszeichnungen … zu einem wichtigen Marketinginstrument geworden“ seien.

Man merkt es schon: Auch wenn’s drübersteht – um Filmförderung geht es weniger in den Stellungnahmen. Stattdessen geben sie einen Einblick, dass es gar nicht so einfach ist, Filme zu machen. Dass „Filmemachen ein Risiko, für alle Beteiligten“ ist (Petra Müller). Dass Ausbildung und Wirklichkeit, Fördersummen und Qualität sich stark unterscheiden (Andreas Ströhl). Dass „erste Projekte wohl immer viel mit Selbstausbeutung zu tun haben“ (die Kurzfilmer Jonas und Jakob D. Weidemann) und „Geldverdienen sicher der unwichtigste Antrieb“ ist (der Regisseur Markus Sehr). Dass „die Zeiten, in denen Produzenten sich ein Vermögen schaffen konnten, lange vorbei“ sind (der Produzent Herbert Schwering).

Gut, der eine oder andere Filmemacher hat das vielleicht selber schon geahnt, aber „Die Zeit“ ist auch keine Fachzeitschrift. Schön also, wenn auch das Publikum mal was anderes erzählt bekommt als üblich und sieht, dass hinterm schönen Schein der Filmwelt nicht nur einiges an Arbeit steckt, sondern die manchmal auch ganz schön schwierig ist – auch für den aktuellen Kinokassenkönig: Seinen „1½ Ritter“ erzählt Til Schweiger, sahen zwar 1,8 Millionen Zuschauer, trotzdem „habe ich als Produzent noch Geld hineingesteckt und nichts verdient. Insofern konnte ich bisher zwar alle Filme, die ich gerne machen wollte, realisieren, aber immer mit einem hohen eigenen finanziellen Risiko.“

Wer jetzt an soviel Idealismus nicht glauben mag, kann gerne nochmal hier weiterlesen. Wer allerdings ein wenig tiefer ins Thema tauchen möchte, wird nebenan in Österreich fündig, wo es auch nicht sehr viel anders zugeht. Dort hatte die Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt den „Umgang mit Ambivalenzen in der Kreativwirtschaft“ untersucht. Ein Ergebnis ist die Website „Die kollaborative Wirtschaft“, wo die Antworten ausnahmsweise mal nicht nach Zahlen ausgewertet sind, sondern als Interviews stehen, die zum Stöbern und Schmökern einladen sollen: Geschichten erzählen als Modus der Informationsvermittlung, nennen das die Betreiber und fragen nach Arbeit und Karriere wie nach der persönlichen Lebensführung – beziehungsweise wie sich alles gegenseitig beeinflusst. Und weil die 100 Gespräche anonym gehalten sind, geht es auch mal deutlicher zur Sache: von Förderwillkürunfreiwilligen Warteschleifen und der Kunst, 70-Stunden-Woche und Familie irgendwie zusammen zu bekommen. Oder überhaupt weiterzumachen. „Wir werden nicht aussterben“, sagt eine Regisseurin, „aber grundsätzlich wird sich etwas ändern müssen, grob, weil das wird so einfach nicht funktionieren.“

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