Auslandsbericht: Die australische Filmlandschaft frei nach Goethe

Johanna Klein

Liebe Filmschaffende in Deutschland,
im Folgenden gebe ich Euch einen Einblick in die australische Filmlandschaft und die Aufgaben des Goethe Instituts. Insbesondere berichte ich dabei über das AUDI Festival of German Films !

ÜBER DIE AUSTRALISCHE FILMLANDSCHAFT
Nach Ende des 2. Weltkriegs ging es bergab mit der australischen Filmindustrie und um 1960 erreichte sie wohl ihren Tiefpunkt. Nur mit Hilfe der australischen Regierung konnte die ansässige Filmindustrie „wiederbelebt werden“. Etwa zur gleichen Zeit wie in Deutschland auch – um die 1970er Jahre – verbreiteten sich australische Filme weltweit und Australien feierte eine Film-Renaissance. Heute ist die Filmlandschaft in Australien riesig und der Markt florierend. Das Herz der Filmindustrie schlägt definitiv in Sydney, wobei sich auch in Melbourne ein Markt etabliert hat. Herausragend in Sydney sind sicherlich die Fox-Studios, die an der Produktion einer Reihe von großen Blockbustern, wie z.B „The Matrix“, „Mission Impossible II“ oder den „Star-Wars Episoden II & III“ beteiligt waren. Jedes Jahr produziert die australische Filmindustrie eine Reihe von Filmen, jedoch fällt es oft schwer mit dem amerikanischen Markt mitzuhalten und so sind auch viele australische Schauspieler und Filmemacher leider sehr zum amerikanischen Markt hingezogen.
Screen Australia ist der Schlüsselträger der australischen Bundesregierung für die Förderung und Finanzierung der australischen Fernsehproduktionsindustrie. Screen Australia bietet finanzielle Unterstützung für die Entwicklung, Produktion und Marketing des australischen Bildschirminhalts. Je nach Programm wird die Projektförderung in der Regel professionellen Praktikern mit einem gewissen Grad an Erfahrung in der Branche zur Verfügung gestellt. Für die meisten Produktionsinvestitionen muss in der Regel auch ein Distributor mit an Bord sein. Anlaufstellen für alle die sich in der Filmindustrie ausbilden oder fortbilden lassen wollen ist das National Institute of Dramatic Art (NIDA) und die Sydney Film School. Dort werden junge Talente intensiv auf die Karriere in Theater, Film und Fernsehen vorbereitet. Ähnliche Plattformen wie casting-network oder crew united, die Schauspieler mit wertvollen Tipps und Jobs versorgen, sind die Datenbanken starnow.com.au oder screenhub.com.au.
International bekannte australische Schauspieler sind u.a. Hugh Jackman (Star des Films „Australia“),
Mel Gibson, Heath Ledger, Russel Crowe oder Nicole Kidman. Derzeit wird in Australien an David Fincher’s neuem Film „20,000 Leagues Under the Sea“ gearbeitet. Interviews zufolge wird Brad Pitt in diesem Film mitspielen.

DAS GOETHE INSTITUT IN SYDNEY
Weltweit gibt es 149 Goethe-Institute in insgesamt 93 Ländern. Die zwei australischen Niederlassungen befinden sich in Sydney und Melbourne. Ich arbeite derzeit im Goethe Institut Sydney als Praktikantin in der Sprachabteilung. Das Goethe-Institut in Sydney befindet sich seit nun mehr als 30 Jahren im Stadtteil Woollahra in einem schicken Altbaugebäude, Baujahr 1864. Größtenteils wird das Goethe Institut Sydney aus öffentlichen Mitteln wie dem Auswärtigen Amt und zweckgebundenen Sponsorengeldern finanziert. Neben dem AUDI Festival of German Films organisiert das Goethe-Institut jährlich auch ein Schulfilmfestival. Die Schüler müssen zu bestimmten Themen Filme erstellen, welche anschließend vorgestellt und prämiert werden. Neben Filmveranstaltungen betreut das Goethe-Institut auch eine Reihe anderer kultureller Angebote, angefangen bei Konzerten über Kunstaustellungen bis hin zu Literaturprojekten. Als kulturelle Einrichtung versteht sich das Goethe-Institut aber in erster Linie als Träger deutscher Kultur und Sprache und fördert mit seinem Sprachkursangebot daher intensiv den Gebrauch der deutschen Sprache im Ausland. Zwar war ich nicht direkt in die Programmarbeit involviert, jedoch konnte ich gute Einblicke in die Kulturarbeit des Goethe-Instituts gewinnen, da die Vorbereitungen für das diesjährige AUDI Festival of German Films bereits in vollem Gange waren, als ich mein Praktikum Anfang April hier begann.
Ich selbst war sehr skeptisch, ob deutsche Filme hier in Australien überhaupt einen großen Zuspruch finden. Insgesamt – so scheint es mir – sind die Australier jedoch viel aufgeschlossener als die Deutschen und auch die „easy-going“-Lebenseinstellung trug sicherlich dazu bei, dass das Festival und natürlich insbesondere die deutschen Filme so großen Zuspruch fanden. Die Zuschauerzahlen sprachen für sich. Über 21.000 Besucher konnte das Festival zählen.

DAS AUDI FILMFESTIVAL
Nach monatelanger Vorbereitung schauen die Mitarbeiter und Organisatoren des Goethe Instituts Australien nun zufrieden auf ein gelungenes Festival zurück. Bereits das 12. Jahr in Folge brachte das AUDI Festival of German Films kreative, inspirierende und spannende deutsche Filme auf Australiens Leinwände, die ich bei uns sicherlich nur auf unseren Festivals, aber nicht im Kino gesehen hätte. Das Festival ist die bedeutendste Veranstaltung deutscher Kultur in Australien. Austragungsorte waren neben Sydney, Melbourne, Brisbane, Canberra, Adelaide und Perth in diesem Jahr erstmalig auch Newcastle und Byron Bay.
In diesem Jahr konnten die Zuschauer aus einer Bandbreite von „ausgezeichneten“ Filmen wählen. Unter den insgesamt 46 Filmen war sicher für jeden Geschmack etwas dabei. Genres aller Art waren vertreten, wie etwa die Komödien „Omamamia“ unter der Regie von Tomy Wigard, „Ausgerechnet Sibirien“ oder „Bis zum Horizont, dann links“. Dramen wie „Gnade“ (in den Hauptrollen Jürgen Vogel und Birgit Minichmayr), „Atmen“ oder die Triologie „Dreileben“ von Ulrich Seidl; darüber hinaus spannende Dokumentarfilme wie etwa „Camp 14“, „Cinema Jenin“, „Messner“ oder aber auch Kinderfilme wie „Hanni und Nanni 2“ und „Die Abenteuer des Huck Finn“ rundeten das Programm ab. Neben neuen Kassenschlagern wie „Schlussmacher“ von und mit Matthias Schweighöfer fanden jedoch auch Filme wie „Glück“ von Oldie but Goldie Doris Dörrie durchaus großen Zuspruch. Alle Filme wurden im O-Ton mit englischen Untertiteln ausgestrahlt. Hinsichtlich der Filmanzahl sowie Vorführungen und Standorte gilt das Festival somit als größtes deutsches Filmfestival außerhalb Deutschlands: 8 Austragungsorte, 75 Veranstaltungen, 46 Filme die insgesamt 241 Mal vorgeführt wurden.
Den Auftakt des Festivals machte der Film „Zwei Leben“ am 30. April im charmanten Chauvel-Cinema in Sydneys Vorort Paddington. Mit einer Brezel und einer Flasche Hofbräu ließ sich das Publikum auf eine Zeitreise in die deutsche Geschichte entführen. Der Film beleuchtet das Leben der Deutschen Katrine (Juliane Köhler), die zusammen mit ihrer Familie (Liv Ullmann als Katrines Mutter) in Norwegen ein glückliches Leben führt. Doch nach dem Fall der Mauer wird „Katrine’s“ Identität plötzlich in Frage gestellt. Wer ist „Katrine Evensen“ wirklich? Auf Tatsachen beruhend und in einer Mischung aus Drama und Thriller repräsentiert der Film mit seiner bewegenden Geschichte exemplarisch und eindrucksvoll das Schicksal vieler Lebensbornkinder. Nach einer ausverkauften Vorstellung stand der Regisseur des Films, Georg Maas, dem Publikum für Fragen zum Film noch zur Verfügung. Der Filmkritiker Eddie Cockrell leitete das Interview und das Publikum zeigte reges Interesse an dem Thema. In Deutschland wird der Film Mitte September diesen Jahres in die Kinos kommen. Darüber hinaus wird er in Frankreich und Israel ausgestrahlt. Neben Sydney eröffnete Maas auch das Festival in Melbourne und Brisbane.
Nach diesem erfolgreichen Auftakt jagte ein Special-Event das nächste. Am 3. Mai stellte der Regisseur Marten Persiel seinen Dokumentarfilm „This ain’t California“ vor. Jugendliche Rebellion gepaart mit der Skaterszene in Ost-Berlin machen diesen humorvollen Film zu etwas ganz besonderem. Und so beleuchtet er, die schon so oft thematisierte „Ost-West-Problematik“ mal von einer ganz anderen Seite.
Mit Wodka, russischen Häppchen und Polka-Musik stimmte man sich am 2. Freitag des Festivals auf die Komödie „Russendisko“ ein. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Wladimir Kaminer erzählt der Film die Geschichte von den drei jungen Männern Wladimir (Matthias Schweighöfer), Mischa (Friedrich Mücke) und Andrej (Christian Friedel) aus Moskau, die nach dem Fall der Mauer in Berlin ankommen und sich einigen Herausforderungen stellen müssen. Im ausverkauften Kinosaal sorgte das Dreiergespann aus Russland für zahlreiche Lacher. Ob wegen des Films (oder doch wegen des ein oder anderen Wodka-Shots?) – es herrschte eine ausgelassene Stimmung!
Ein weiteres Special Event ließ nicht lange auf sich warten. Am vorletzten Abend des Festivals begeisterte der Film „Türkisch für Anfänger“ als einer der erfolgreichsten Kinofilme des vergangen Jahres auch das hiesige Festivalpublikum. Vor dem Film sorgte das Pre-Event ‚Turkish Delights‘ in Kooperation mit dem türkischen Konsulat für ein deutsch-türkisches Zusammentreffen in Australien. Zwei der Praktikanten des Goethe-Instituts sowie die Konsulin Gülseren Çelik dankten dem Publikum in einer kleinen Rede vorab.
Der Dokumentarfilm des Schweizer Regisseurs Markus Imhoof „More than Honey“ war der Abschlussfilm des Festivals. Der Film thematisiert das weltweite Bienensterben und welche Auswirkungen dies wiederum auf das Leben der Menschen hat. Neben interessanten Informationen von der Honigproduktion bis hin zum mysteriösen Bienensterben, sind vor allem die Nahaufnahmen der Bienen, aufgenommen mit modernster Technik, erstaunlich und beeindruckend zugleich. Nach einer Q&A mit dem Oscar-nominierten Regisseur folgte eine grandiose After-Show-Party.
Zu guter Letzt folgte außerhalb der regulären Festivalzeit eine Vorstellung von Fatih Akin’s „Polluting Paradise“. Der Dokumentarfilm spielt im türkischen Dorf Çamburnu am Schwarzen Meer. Akin berichtet über den Kampf eines Dorfes gegen die Regierung, die eine Mülldeponie genau über dem Dorf platziert hat und dokumentiert über fünf Jahre hinweg die dramatischen Auswirkungen auf das Dorf, das einst ein Paradies gewesen war. Für alle die nicht genug kriegen bat sich die Möglichkeit, am 17. und 18. Mai im Rathaus in Randwick Lotte Reinigers Stummfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmeds“, begleitet von Live-Musik von Phillip Johnston, anzuschauen. Inspiriert von den Geschichten von Tausendundeine Nacht entstand der Silhouetten-Animationsfilm im Jahr 1926 und gilt als einer der ersten animierten Langfilme. In einem „vote and win“ wählten die Zuschauer „Two Lives“ als besten Film und Georg Maas wurde feierlich der „Golden Gnome“ (goldene Zwerg) verliehen. Der zweite Platz ging an den Film „Sound of Heimat“ von Jan Tengeler und Arne Birkenstock. Drittplatziert wurde „Omamamia“ von Tomy Wigard. Für alle, die zu den vielen Namen auch ein paar Gesichter sehen wollen, können unter folgendem Link http://www.youtube.com/watch?v=PQKhiCbO8UE einen ersten Eindruck gewinnen. Weitere Infos, sowie Fotos und Interviews zum Festival sind zu finden unter http://www.goethe.de/ins/au/lp/prj/fia/ffg/enindex.htm.

Fernab der Heimat sind wir bekannter als wir denken und ich bin froh, dass ich an so einem unvergesslichen Ereignis deutscher Kultur in Australien teilnehmen konnte.

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