cn-special: Around the World in 14 Films 2013 – Sieben Fragen an Festivalleiter Bernhard Karl

Eröffnungsfilm im Babylon, Berlin: „Le Passé – Das Vergangene“, Regie: Asghar Farhadi | © Memento Films, Foto ®: Carole Bethuel


Vom 29. November bis 7. Dezember 2013 werden 14 (+4) cineastische Höhepunkte des jungen Weltkinos aus 14 Ländern in Berlin gezeigt. Wir sprachen mit dem Festivalleiter über das cineastische Jahr 2013 in all seinen Facetten und das aktuelle Festivalprogramm.

STECKBRIEF BERNHARD KARL
Konzept, Leitung und Programm

© Christian Riss

Studium der Kunstgeschichte, Regieassistent an der HFF München und an den Münchner Kammerspielen bei Dieter Dorn und Peter Zadek, als Theaterregisseur Inszenierungen in Ulm, Oberhausen, Zürich und Berlin, seit 2001 Arbeit als Casting Director bei Anja Dihrberg. Seit 2008 Internationaler Programm-Kurator bei Filmfest München. Seit 2012 Leitung F.I.N.D.plus an der Schaubühne Berlin.

 

Welche Filmregion hat Dich 2013 besonders beschäftigt?
Der asiatische Kontinent. Ich glaube es ist uns wirklich gelungen, ein repräsentatives Line-up des aktuellen Weltkinos, vom Nahen Osten bis zu den Philippinen, nach Berlin zu holen. Wir zeigen das politische Kino eines Mohammad Rasoulof oder Rithy Panh, das ästhetische Kino eines Jia Zhangke oder das narrative von Hirokazu Kore-eda – eine Ansammlung von Meistern ihres Fachs mit herausragenden Filmen, sogar innerhalb ihres eigenen Werks.

Dein Lieblingsfilm 2013?
„A Touch of Sin“ von Jia Zhangke.

Wie reagiert das Arthouse-Kino auf globale Probleme wie Finanzen, Repression oder Krieg?
Direkt und unchiffriert – „Le Capital“ von Costa-Gavras ist ein erstaunlich „junger“, satirischer und unvermittelter Abgesang auf den weltbedrohenden Finanz-Zirkus. Mohammad Rasoulofs „Manuscripts don’t burn“ stellt den iranischen Geheimdienst bloß und enthüllt fast „journalistisch“, während „The
Attack“ nicht zu Unrecht auf der Frankfurter Buchmesse als „Beste internationale Literaturverfilmung des Jahres“ ausgezeichnet wurde, indem er die aberwitzigen Verstrickungen von jüdischem und palästinensischem Leben heute direkt nachzeichnet.

Im Programm finden sich neue Werke vieler „Altmeister“ wie die Coen-Brüder, Alejandro Jodorowsky oder Costa-Gravas. Kein guter Jahrgang für die jungen Meister?
Doch, aber die „alten“ Meister zeigen auch, wie jung sie noch sein können ? besonders der beste Coen-Film seit „No Country for Old Men“. Die Jugendlichkeit und Frische von Costa-Gavras oder die Genialität des anarchischen „Grandseigneurs“ Alejandro Jodorowsky, der persönlich zu uns kommen wird, um sein „Vermächtnis“ „La Danza de la Realidad“ vorzustellen, sind ein eindrücklicher Beweis.

Auch Regisseurinnen fehlen natürlich nicht im Line-up. Welche Geschichten erzählen sie?
Extrem persönliche. Autobiographischer als Sarah Polley mit „Stories We Tell“ kann man kaum arbeiten. Mira Fornay hat ihre schmerzlich realistische Alltagsstudie „My Dog Killer“ in ihrer Heimatstadt gedreht, nur mit natürlichem Licht und Laien aus der Region. Nicht weniger authentisch: Elisa Fuksas, Tochter einer berühmten Architektenfamilie, die in „Nina“ eine charismatische junge Frau in magische römische Architekturräume stellt. Außerdem nicht zu verpassen: Sophie Fiennes spinnt weiter an der theoretischen Aufarbeitung ihrer subjektiven Filmgeschichte, purer Genuss für den Intellekt und die Lachmuskeln.

Der deutsche Beitrag „Love Steaks“ hat noch keinen Verleih? Ist der Film zu radikal?
Das sollen andere entscheiden – dieser Hammer-Film wird im Kino nicht zu verhindern sein! ?

Digitale Vertriebswege werden immer wichtiger. Arthouse-Filme und Filmtheater erscheinen immer noch als Einheit. Wo liegt die Zukunft von Kunstkino und digitalem Vertrieb?
Hoffentlich in enger Zusammenarbeit, denn der Zweit-, manchmal sogar Erstauswertung eines künstlerisch radikalen Films über digitale Auswertungsformen wird man sich nicht entziehen können. Wir alle vergöttern zu Recht die Leinwand, nur dürfen wir der Distribution von formal ungewöhnlichem Kino nicht im Wege stehen. Mancher Film wird „online“ zu Kult. Zu wünschen wäre, dass durch die „Banalisierung“ von großen Visionen auf kleinen Home-Bildschirmen und die Vereinsamung der Rezipienten eine Re-Kultivierung des Gemeinschaftsraums „Kino“ einsetzt – man darf ja träumen …

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview erschien am 20. November 2013 im cn-special von casting-network!
Website: www.14films.de

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