Das Schweigen der Schwarzen Listen

Düstere Aussichten: Der BR fand das Filmprojekt unseres Autors nicht so toll. Andere schon. Weil er sich aber zwischendurch kritisch über die Behandlung äußerte, steht er plötzlich überall vor verschlossenen Türen – selbst da, wo er schon im Zimmer stand. | Foto © Jens Prausnitz


Es gibt in der zweiten Folge von „Lerchenberg“ eine Szene, in der Sascha Hehn sich auf der „Schwarzen Liste“ des ZDF entdeckt, einer fiktiven Auflistung all jener Personen, die als „schwierig“ gelten. Ob solche Listen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern tatsächlich geführt werden, wissen wohl außer der NSA nur wenige Insider, und man könnte geneigt sein, das für einen gelungenen Scherz zu halten.
Manche erinnern sich vielleicht an meinen Artikel hier vor ziemlich genau einem Jahr, in dem ich unverblümt meinen Frust über die Unmöglichkeit, in Deutschland Filme zu machen zum Ausdruck gebracht habe. Viel positives Feedback hat mich erreicht, hauptsächlich via E-Mail, und mir wurde bestätigt, was ich schon vorher ahnte – das es mir tatsächlich nicht alleine so geht. Dann geschah, was ich schon für unmöglich gehalten hatte – über meinen Videopitch auf screen-pitch.com zeigten mehrere Produzenten Interesse, und dann stand ich gleich vor der ungewohnten Wahl, mit wem ich den Optionsvertrag für „Einheimsch’n“ unterzeichne – mit der jungen Filmschaft in München oder doch lieber dem Riesen Wiedemann & Berg? Meine Wahl fiel auf die jungen, engagierten Kollegen, obwohl das auch bedeutete, den Regiestuhl zu räumen. Allerdings ließ ich mir ein Mitspracherecht vertraglich zusichern, und mir fallen viele Kollegen ein, in deren Händen mein Buch gut aufgehoben wäre.
Die folgenden Monate waren traumhaft. Intensive gemeinsame Arbeit am Buch, das dabei immer besser wurde, der Titel änderte sich in „Nirwana“ beziehungsweise „Come as You Are“, und ich fühlte mich sicher mit Produzenten, die hinter mir und meinem Projekt standen. Man liest und hört viel zu selten von denen, die ihre Sache gut machen. Torben Maas und Christian Füllmich gehören dazu, und bekamen wie zur Bestätigung beim „Bayrischen Filmpreis 2013“ die Auszeichnung als Nachwuchsproduzenten des Jahres verliehen – für ihren Erstling wohlgemerkt, nicht unser Projekt. Kurze Zeit später kam das First Movie Program mit ins Boot, deren Leiterin Astrid Kahmke ebenfalls sehr von unserem Film angetan war, sich lange mit mir unterhielt, tolle Fragen stellte, und ich mich wieder einen Schritt näher am Ziel wähnte.

Meine Produzenten ruhten sich nicht darauf aus, sondern setzten noch einen oben drauf und schickten mich und mein Buch zu einer erfahrenen Autorin und Dramaturgin in Klausur: Karin Michalke. Die Begegnung war für sich genommen schon filmreif, wurde nur leider nicht von einem Filmteam begleitet. Das war mehr als Drehbucharbeit, eher eine eingehende Psychoanalyse aller Figuren, für die ich stellvertretend auf der Couch lag – alle nacheinander, während ich mitstenographierte. Das alles im Expresstempo, gnadenlos, erschöpfend, fantastisch. Dabei flog mir sogar ein neues Ende zu; eines, das mir das Problem löste, das ich sechs Jahre lang für unlösbar gehalten hatte: Ein Happy End, das realistisch ist und trotzdem den Figuren treu bleibt. Wieder war ein neuer Titel fällig: „Neuland“.
Während des diesjährigen Münchner Filmfests im Juli war es dann so weit: Ich hielt als einer von zehn ausgewählten Autoren einen dreiminütigen Pitch vor Branchenvertretern, live, auf einer Europalette stehend, mit Mikrofon in der Hand. Wie eine sehr billige Variante von „Deutschland sucht den Superstar“ oder einer beliebigen anderen Casting-Show, und man war gezwungen, bestenfalls wie ein erfahrener Stand-up-Comedian an einem schlechten Tag zu wirken, egal, ob man das Talent dazu hat oder nicht. Besser unfreiwillig komisch als gar nicht – eine Horrorvorstellung für viele Autoren, die in der Regel nicht für ihre Extrovertiertheit bekannt sind. Es waren auch Redakteure vom BR anwesend, Frau Dr. Claudia Gladziejewski, deren Ablehnungsschreiben ich auf meinem Blog im Vorjahr publiziert hatte, war zwar namentlich eingeladen, aber leider nicht persönlich vor Ort. Dies wäre die Gelegenheit gewesen, reinen Tisch zu machen und den langen Anlauf zu vergessen. Ein Wort hätte genügt, alle Anstrengung und der unglückliche Start wären Schnee von gestern gewesen. Viele Kollegen hatten mir ja erzählt, wie umgänglich sie sei, und wer weiß, vielleicht hatten sie und ihre Redaktion voriges Jahr mit ihrer (von mir veröffentlichten) Beurteilung ja Recht gehabt. Ob ich später damit Partner gefunden habe oder nicht – jetzt waren wir da, die Karten neu gemischt, Ende gut, alles gut.
Der erste, der nach dem Pitch auf uns zu kam, war dann aber Jörg Schneider von der Redaktion des Kleinen Fernsehspiels des ZDF – wie ich später erfuhr, redeten die Kollegen vom BR währenddessen mit einem meiner Produzenten. Dies war meine erste Begegnung mit der im Vorfeld so gefürchteten Spezies „Redakteur“, und was soll ich sagen: Selten hat jemand auf mich einen derart positiven ersten Eindruck gemacht. Ist das ein Wunder, wenn jemand fragt, warum ich bei diesem persönlichen Projekt eigentlich nicht selbst Regie führen wolle? Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Er hatte noch weitere schlaue Fragen und ich fühlte mich angenehm gefordert und erzählte (zum Entsetzen meines anderen Produzenten – weil wir uns in dem Punkt noch gar nicht einig waren) frei heraus was für ein tolles Ende ich nun für die Geschichte hätte. Man wollte in Kontakt bleiben, Visitenkarten wurden ausgetauscht, es folgten Gespräche mit einem Weltvertrieb, Lisa Giehl vom FFF Bayern, die einen Termin im August mit mir ausmachen wollte, sowie einer Künstleragentur. Ich konnte mein Glück kaum fassen, glaubte wohl zu träumen, unterhielt mich mit den Kollegen, knüpfte neue Kontakte, und tauschte mich mit Astrid Kahmke über unsere bisherigen Highlights des Münchner Filmfest aus: Ihr Favorit zu der Zeit war „Ich fühl mich Disco“, meiner „Eltern“ von Robert Thalheim. „Finsterworld“ sollte ich erst am folgenden Tag sehen, und kein anderer Film hätte vom Titel besser zu dem passen können, was mich erwartete.
Am nächsten Tag erreichte mich der Anruf meiner unter Schock stehenden Produzenten, dass man mich aus dem First Movie Program geworfen habe, der BR sich von dem Projekt distanziere, ebenso der FFF, und dass sie nach dem Filmfest persönlich bei Frau Dr. Gladziejewsk vorstellig werden müssten. Bitte was? Ein schlechter Scherz? Leider nein. In mein Gedächtnis hat sich eingebrannt, wo ich zum Moment des Telefonats stand: im Hugendubel am Marienplatz, dritter Stock. Alles was vorher war, nur geträumt? Das kommt mir tatsächlich so vor, denn seit dem Pitch habe ich niemanden mehr persönlich gesprochen. Meine Produzenten noch telefonisch, aber sonst habe ich seit dem Ereignis keinem der Beteiligten mehr persönlich gegenüber gestanden (diese Zeilen schreibe ich fünf Monate später nieder). Welche Klasse meine Produzenten haben, bewiesen sie am Abend jenes Tages, weil sie nicht wollten, dass ich ihn allein verbringe. In der Zwischenzeit hatte ich noch „Finsterworld“ gesehen und war innerlich so am Boden wie lange nicht. Den SMS-Verkehr habe ich noch immer auf dem Telefon – sie hatten sich tatsächlich Sorgen gemacht. Wäre ich nicht mit Freunden zum Grillen verabredet gewesen, hätte ich ihr Angebot bestimmt dankend angenommen. An dem Abend wollte ich wirklich alles andere als allein sein.
Für das bevorstehende Meeting meiner Produzenten mit dem BR habe ich ihnen vor meiner Abreise ein paar Vorschläge mit auf den Weg gegeben: Dass der BR den Film unter Pseudonym, unentgeltlich oder ganz ohne mich haben könne – Hauptsache, er wird gemacht. Eine Bitte um eine Trennung von Urheber und Inhalt also; man nehme bitte die Geschichte und schicke nur mich in die Wüste. Wie das Gespräch mit Frau Dr. Gladziejewsk verlaufen ist, kann ich nicht aus erster Hand sagen, schließlich war ich ja wieder nicht dabei. Schlimmer noch, ausgerechnet jenen drohten jetzt möglicherweise Repressionen, die an das Potenzial meiner Geschichte glaubten, und denen ich diese als „Erziehungsberechtigte“ überlassen hatte. Was in dem Gespräch dort vom Tisch gewischt wurde, war unsere gemeinsame Arbeit, ohne die neue Fassung überhaupt eines Blickes zu würdigen. Man berief sich knapp auf die „Beurteilung des Stoffs“ aus dem Vorjahr, und würde jetzt wieder identisch entscheiden. Zur Erinnerung: Meine auf wahren Begebenheiten beruhende, in Niederbayern spielende, großteils auf Bayrisch geschrieben Geschichte passte damals „inhaltlich und formal“ nicht zum Sendegebiet des BR. Gerne hätte ich meinen Stoff mal persönlich verteidigt, schließlich hat bislang ohne Ausnahme jeder Feuer gefangen, der sich auf eine Begegnung mit mir eingelassen hat. So sitze ich nur wieder wie Erwin Schrödinger vor der Black Box des BR und frage mich, ob meine Katze darin tot, lebendig oder irgendwie beides gleichzeitig ist.
Fakt ist, dass seit dem Pitch niemand mehr mit mir kommuniziert, der dem BR nahe steht oder mit ihm verknüpft ist. Weder die dortige Redaktion, noch das First Movie Program oder der FFF. Alles was ich an Belegen dafür habe, ist das abrupte Ausbleiben an Reaktionen, die unbeantworteten E-Mails an Astrid Kahmke, die telefonische Unerreichbarkeit. Gäbe es nicht die Möglichkeit, mir von neun Kollegen bestätigen zu lassen, dass ich tatsächlich da war, könnte man ins Zweifeln kommen. Und noch sprachen meine Produzenten ja mit mir. Also blieb uns noch eine Chance. Denn mit dem Zweiten sieht man besser.
Noch ehe er aus seinem Urlaub zurück war, meldete ich mich mit einer E-Mail bei Jörg Schneider und schilderte ihm die Vorgänge in München. Anfang August telefonierte ich kurz mit ihm. Er bezeichnete meine Ausführungen als „mysteriös“ und versprach, sich zu melden. Die Antwort blieb aus, von Paranoia getrieben, rief ich wiederholt an, aber kam nicht mehr durch, scheiterte an der freundlichen Assistentin, die mir riet, noch einmal eine E-Mail zu schreiben, was ich dann auch tat. Eine Antwort erwartete ich aber schon nicht mehr. Ohnehin war das Kleine Fernsehspiel die falsche Adresse für mein Projekt, zu klein deren Spielraum, um ein Projekt wie dieses zu stemmen. Doch Herr Schneider wollte uns weiter helfen. Das Wunder geschah: Er meldete sich, bat um ein Treatment und eine Kalkulation, dann würde er sehen, was sich machen ließe.
Das Treatment schickte ich ihm sofort, und bat meine Produzenten, dass sie sich bei ihm mit einer Kalkulation melden – und dann kam es, wie es kommen musste: Der weitere Umgang mit mir und meinem Projekt wurde ihnen zu heiß, und sie lösten den Optionsvertrag, unter dem sie auf den Tag genau heute vor einem Jahr ihre Tinte gesetzt hatten. Das kann ich nachvollziehen, weil ich sehe, wo sie ihren Firmensitz haben und von wessen Wohlwollen sie abhängig sind. Und so trennten sich unsere Wege, freundschaftlich, bitter, nach konstruktiver Zusammenarbeit.
Ohne Produzenten hilft mir aber auch ein Redakteur nicht weiter. Also wärmte ich den Kontakt zu Peter Fröhlich bei Wiedemann & Berg wieder auf, und schickte ihm das Drehbuch. Preisfrage: An wen wird er sich mit diesem urbayrischen Projekt als TV-Kooperationspartner wenden? Mit dem BR und Claudia Gladziejewski haben sie bereits „Das Leben der Anderen“ produziert, also ist meine stille Hoffnung, dass das gleiche Projekt bereits zum dritten Mal auf dem gleichen Schreibtisch landet. Vielleicht irre ich mich, und auch Frau Dr. Claudia Gladziejewski ist unschuldig, auch wenn der gegenteilige Eindruck entstanden sein dürfte – ihr Name ist der Einzige, der wiederkehrt, auf Dokumenten, Einladungen und in Gesprächen. Trotzdem gilt die Unschuldsvermutung, schriftlich gibt es nichts Belastendes, und persönlich war sie für mich nie zu sprechen.

Inzwischen ist mein Optionsvertrag in München auch offiziell ausgelaufen, und ich stehe wieder genau da, wo ich schon vor einem Jahr war, und wieder teile ich mit euch diese Geschichte. Warum erzähle ich das alles? Noch dazu so detailliert, mit Namen? Immerhin begehe ich damit beruflichen Selbstmord. Ich erzähle das, weil es uns Urhebern, und damit meine ich nicht nur die Autoren, täglich so ergeht, wenn wir unsere Projekte verkaufen müssen, an denen wir zum Teil seit Jahren arbeiten (wie ich an diesem seit sieben), und damit wieder und wieder vor die unsichtbaren Wände laufen. Auf der anderen Seite sehen wir die Zuschauer, die sich längst von deutschen Produktionen abgewendet haben, die beharrlich keine Gelegenheit auslassen, zu wiederholen, dass es keine Kreativität mehr in Deutschland gebe, und auch für die Suche nach den wenigen vorhandenen Lichtblicken keine Geduld mehr aufbringen. Trotzdem müssen sie selbst in dieses System einzahlen. Dabei würde man ihnen gerne beweisen, dass wir es anders können, und rennen weiter jeder für sich allein gegen diese Wände, bis wir frustriert zusammenbrechen. Warum allein? Weil unsere Verbände nicht in der Lage sind, eine gemeinsame Stimme zu finden, und wir damit keine Lobby haben, die unsere Interessen vertritt. Moment … Wir haben keine Lobby?
Ganz im Gegenteil, ich behaupte jetzt mal, dass wir die größte Lobby überhaupt haben: Die Zuschauer, das Publikum, die Fans. Nur machen wir unseren Einfluss nicht geltend. Vielleicht nur deshalb, weil uns niemand gesagt hat, dass wir es können. Also erzählen wir ihnen diese Geschichte. Darum erzähle ich meine. Und ich möchte, dass ihr sie weitererzählt, und zwar den Sendern. Also nicht meine vergeblichen Versuche, diesen Film zu machen, sondern den Film. Denn genau von so einer stillen Revolution erzählt er: vom Finden der Freiheit, Ost wie West, im September 1989. Wer sich dafür einsetzt, ist Teil jener Generation 89. Ich fordere zum zivilen Zuschauerungehorsam auf! Nehmt mein Exposé (alles Nötige dazu ist hier verlinkt, oder schreibt euer eigenes nach der Lektüre des Treatments, und schickt es – ganz wichtig – unter einem neuen Titel an jede Produktionsfirma, jeden Produzenten, jeden Sender in diesem Land. Ihr kommt damit durch, denn auf den Listen in den Köpfen stehen nur mein Name und meine Filmtitel, mit dem Inhalt hat sich niemand auseinandergesetzt – außer Autorenkollegen, und die bescheinigten schon letztes Jahr meinem abgelehnten Drehbuch große Klasse.
Es ist unglaublich: Diejenigen, die tagtäglich darüber entscheiden, was produziert wird oder nicht, lesen nichts mehr, ehe man es ihnen nicht als Stand-up-Comedian erfolgreich vorgespielt hat. Gute Autoren sind selten beides, und ich habe wohl noch mal Schwein gehabt. Und so bleiben am Ende die übrig, deren verkrampft lächelnde Gesichter man bereits von den Sektempfängen bei Festivals kennt, und nicht die besten Geschichten.

So bleibt alles unter sich – die Handvoll „Tatort“-Autoren, der Prosecco-Club und unsere Gebühren. Höchste Zeit also, dass sich etwas ändert, und sich die Urheber mit dem Publikum zusammentun. Wenn es wahr ist, dass Redakteure nur das in Auftrag geben und produzieren lassen, was sie schon kennen oder ihnen bekannt vorkommt, dann müssen wir sie eben an neue Stoffe gewöhnen. Wir konfrontieren sie so lange mit der gleichen Idee, bis sie ihnen bekannt vorkommt. Wir geben euch unsere Geschichten, dann hauen wir sie den Sendern gemeinsam um die Ohren – und erst dann, nur dann haben wir eine Chance. Wenn sie mein Buch aus eurer Hand nehmen, machen wir Halbe-Halbe. Ehrenwort eines Autoren. „Einmal drauf, kommt man nicht so leicht wieder runter, ” sagt die Sekretärin in der eingangs erwähnten „Lerchenberg“-Folge. Soll uns recht sein, Hauptsache Autoren und Publikum finden irgendwo wieder zueinander, und wenn es auf den Schwarzen Listen ist.

25 Kommentare
  1. Jens Prausnitz sagte:

    @ Mike: Nicht aufgeben! Die Sender brauchen uns, nicht wir sie – stell das System nicht auf den Kopf – noch nie war die Technik so billig in greifbarer Nähe, noch nie hatten wie Distributionskanäle wie heute. Sei Pionier, wirb im Netz für dein Projekt, um Zuschauer, um Fans. Es geht längst ohne die Redaktionen und Verschlimmbesserer – nimm es selbst in die Hand!

    @Lukas: Schick mir ne Nachricht über eine meiner Seiten, das Bier geht dann auf meine Rechnung.

    @Samy: Vielleicht sollte Josh Olson es mal häufiger mit einem klaren „no“ anstelle einer Variation von „fuck“ probieren, aber sein Frust erklärt mir schlagartig die Motivation hinter A HISTORY OF VIOLENCE – ich bevorzuge einen kultivierteren Umgang miteinander, in dem auch die Variation mitgedacht wird, dass der Autor besser ist, als sein Ruf. Das Buch bzw. Treatment wurde seit Dienstag mehr als hundert Mal runter geladen, also bilden sich immer mehr eine eigene Meinung, anstatt sich auf die Ferndiagnose einer beliebigen „Seite“ zu verlassen.

    Und genau das werte ich als Erfolg.

  2. Lukas sagte:

    Hallo Jens!
    Sehr interessanter Post, der genau das Bild bestätigt, dass man bereits hatte.
    Habe gerade noch etwas in deinen anderen Blog (Generation89) geschaut und festgestellt, das du aus Vilshofen bist. Diese Welt ist schon klein (schreibe gerade selber aus Künzing und bin durch Crew United auf diese Seite gestoßen). Vielleicht trifft man sich mal auf ein ein Bier beim „Haber“ in Osterhofen 😉

    LG Lukas

  3. Jens Prausnitz sagte:

    Gerne komme ich auf dieses Angebot zurück und schreibe dir, mache dich aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass ich – wenn vielleicht nicht im Wortlaut – alle Inhalte davon auf meinem Blog publik machen werde, wie alle anderen auch, wenn denn dem nicht ausdrücklich widersprochen wurde.

    Denn was ich noch mal klarstellen muss: Den Film habe ich (ebenso wie den Blog) für ein breites, öffentliches Publikum geschrieben, nicht für eine geschlossene Gesellschaft. Daher besteht nicht erst seit diesem Artikel ein öffentliches Interesse, sondern seit ich den Blog generation89.de führe (also seit nunmehr zwei Jahren) und ich beabsichtige ebenso jede weitere Kommunikation darüber, die schließlich eine Finanzierung zumindest zum Teil aus öffentlicher Hand nach sich ziehen könnte, transparent und ebenfalls öffentlich zu führen. Wenn du damit ein Problem hast, respektiere ich das, nur frage ich mich – wieso? Arbeiten wir nicht alle für das Publikum? Wenn uns die sozialen Medien schon die Möglichkeit dazu bieten, warum binden wir sie in den Prozess nicht stärker ein, machen den Schriftverkehr und die Entscheidungsfindung transparenter, wenn schon darüber entschieden wird, wie ihr Geld ausgegeben wird?

    Also hätte ich, wenn ich dich richtig verstanden habe, mit Peter Fröhlich als in Bayern ansässigem Produzenten noch eine Chance auf die begehrte Drehbuchförderung – übrigens kann man das Drehbuch auf dem Blog bereits lesen, auch wenn die Fassung überholt ist – der Stil ist aber bereits unverkennbar – nur wie soll es dann weiter gehen? Welcher Produzent produziert einen so Bayrischen Film am BR vorbei? Kannst du dir darauf einen Reim machen? Ich verstehe nicht, was da passiert ist. Die beim Pitch anwesenden Redakteure waren doch begeistert, was haben wir denn so urplötzlich falsch gemacht? Und wieso spricht außer dir niemand öffentlich darüber?

    Vielen Dank für dein freundliches Angebot, ich komme darauf zurück, und bin gespannt, was sich daraus entwickelt.

  4. Lisa Giehl sagte:

    Dass man sich eine Bewerbung beim FFF sparen kann, nur weil der BR das Projekt nicht unterstützt, stimmt so nicht. Der Vergabeausschuss besteht schließlich aus 13 Personen, die alle ein Stimmrecht haben. Aber Du hast recht, für die Drehbuchförderung kann man sich nur bewerben, wenn man eine Absichtserklärung eines bayerischen Produzenten hat. Falls gewünscht, kann ich Dir diesbezüglich ebenfalls ein paar Tipps geben. Wie gesagt, melde Dich doch einfach bei mir unter den unten genannten Kontaktdaten, denn ich habe nicht vor, ein Antragsgespräch über einen Blog zu führen.

    Lisa Giehl

  5. Jens Prausnitz sagte:

    Liebe Lisa Giehl,

    wir hatten nach dem Pitch mündlich ein Treffen im August vereinbart. Geschrieben habe ich oben nur, dass wir dort miteinander gesprochen haben, oder möchtest du das bestreiten? Tags darauf wurde mir nur mitgeteilt, dass man sich die Bewerbung beim FFF sparen könne, da der BR ja dort mit im Gremium säße, und gegen unser Projekt stimmen würde. Wie sinnvoll wäre danach deiner Meinung noch eine Terminvereinbahrung gewesen? Ob sich meine Produzenten bei dir gemeldet haben, entzieht sich meiner Kenntnis ebenso, wie die Möglichkeit sich beim FFF ohne Produzenten im Rücken zu bewerben als Aussichtsreich zu interpretieren. Gab es denn in dessen langer Geschichte einen Präzedenzfall auf den man verweisen könnte, dem Drehbuchförderung gewährt wurde, ohne dass eine Produktionsabsicht vorlag? Wenn dem so wäre, komme ich gerne auf dein Angebot zurück.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Jens Prausnitz

    PS: Von welchem „privaten“ Frust sprichst du?

  6. Lisa Giehl sagte:

    Lieber Jens Prausnitz,

    ich kann mich nicht erinnern, dass Du oder die Kollegen von der Filmschaft sich bei mir gemeldet haben. Mit mir kann man jederzeit sprechen und gerade für Nachwuchsautoren habe ich immer ein offenes Ohr. Bevor Du Deinen privaten Frust also in einem öffentlichen Blog kund tust und dort Namen von Leuten nennst, mit denen weder Du noch Deine Produzenten gesprochen haben, solltest Du vielleicht noch einmal in Dich gehen. Also, wie gesagt, ich kann Dir nur anbieten, dass Du Dich gerne mit mir in Verbindung setzen kannst. Du erreichst mich telefonisch unter 089/544602-19 oder per Mail unter lisa.giehl@fff-bayern.de.

    Beste Grüße,

    Lisa Giehl

  7. Jens Prausnitz sagte:

    @Lukas: Nur der Dramaturg in mir hat da gejubelt: Jaha, Kontrast!! Kann man sich nicht besser ausdenken. Was meine Produzenten angeht – vor welcher Wahl standen sie denn? Zum ZDF gehen, und damit indirekt die Autorität des BR in Frage stellen? Wäre das schlau, wenn man sein Büro in München hat? Mir tun sie schon dafür leid genug, was sie sich jetzt womöglich noch mal anhören müssen, schließlich fühlt sich der BR jetzt in seinem Urteil bestätigt. Logisch, oder? Dabei hätte ich an anderer Stelle auch wenig Schönes über das ZDF zu berichten, bzw. einer Tochtermafia… das gehört aber nicht hierher.

    Ich mag lieber voraus schauen. Zwar habe ich keine Webserie in der Planung (dafür aber Webisodes/Teaser für “Woipating” – und das dann via Crowdfunding, un damit dann ohne Umschweife zu lovefilm, watchever, youtube), dafür aber noch einen Spielfilm, den ich fast selbst wuppen kann. Im Januar sehe ich dazu Stasi-Akten ein, auf die ich 18 Monate gewartet habe, 4000 Seiten… die ich leider nicht wie bei der NSA nach Schlagworten durchsuchen kann 😉

    Das ist der Moment, wo sich das Wasser vom Strand zurück zieht, um dann nächstes Jahr als Tsunami über den Verantwortlichen zusammen zu brechen. Alles Dramaturgie. Wenn man sein Leben als Script begreift, war das nur ein Plotpoint – das Finale kommt noch.

    @Nicole Houwer-Joens: Den “Tanz der Zitronen” habe ich auf meiner Bücherliste für Weihnachten! Ich fühle mich geehrt, und vielen Dank für Ihre wärmenden Worte. Ich werde mich gerne melden – oder Sie bei mir, falls ich es in der Hektik der nächsten Tage versäumen sollte.

    @AlicanK: Ich bin sicher zur Zeit der schlechteste Ratgeber, an dem man nur geraten kann – trotzdem will ich dir nicht nur Glück wünschen. Glaube an dein Buch, an das Besondere, das Persönliche deiner Geschichte, und vor allem daran, dass man sie noch immer weiter verbessern kann! Wenn man seine Geschichte versteht, dann kann man auch hinter ihr stehen – und wenn man mal hinter ihr steht, sieht man erst, was vor einem steht. Wie sie vor einem steht. Und dann kann man ihr zurufen: “Lass die linke Schulter nicht so hängen! Stell dich mal gerade hin! Dreh dich mal…” Man ist der Erziehungsberechtigte, ein beschützendes Elternteil, aber man will das Kind erziehen, um es dann auf die Welt und Zuschauer loslassen zu können. In Deutschland dauert das tatsächlich 1:1 achtzehn Jahre 🙂

    Wer deinem Kind/Buch schadet, kannst du am Besten beurteilen. Es ist dein Kind, du warst dabei, als es zur Welt kam, das ist deine Verantwortung. Da kommen dann Leute, die wollen es auf eine Militärschule schicken, du denkst, ach, ein bisschen Disziplin kann nicht schaden, dann bekommst du aber Postkarten von dort, immer krakeliger Geschrieben… dann hol dein Kind da raus. Andere Kittelträger sagen dir, dein Kind sei krank und müsse operiert werden – Beschneidung. Sei gesünder und hygienischer… kurz: Höre dabei auf dein Bauchgefühl, und finde Argumente um es so diplomatisch wie möglich auszudrücken zu können. Und viel Glück. Ganz, ganz viel Glück.

    @Andi: So zahm dieses Jahr? Wir sprechen uns dann nächstes Jahr wieder, weil ich selbstverständlich weiter mache. Und übrigens stelle ich keinen Anspruch darauf produziert zu werden. Eine private Produktionsfirma darf mir auch gerne ohne Angabe von Gründen absagen. Aber ein Förderprogramm? Ein Sender, nachdem er einen eingeladen hat? Nach einem Pitch, für den man die Vorführung des Films sausen lassen muss, für dessen Schnitt man beim parallel laufenden Festival akkreditiert war? Kein Wort, nichts? Sind das Umgangsformen, die sich ein aus öffentlichen Geldern finanziertes Institut leisten kann? Oder muss es sich wenigstens diese öffentliche Frage gefallen lassen? Antworten werde ich ja nicht bekommen. Ich habe ein halbes Jahr auf Antworten “gewartet”. Genug jetzt. Hab Besseres zu tun, vor allem zu erzählen. Jeder/Jedem der Genannten steht es frei öffentlich ihre Sicht der Ereignisse zu schildern, weil ein ebensolches Interesse besteht. Ich meinerseits verspreche, dass ich mich nie wieder auch nur einer dieser „Anstalten“ nähern werde. Wer außerhalb dieses Systems mit mir zusammenarbeiten möchte, ist herzlich dazu eingeladen.

  8. Mike sagte:

    Da hast Du Dich im Verhältnis zu Deiner Situation immer noch sehr diplomatisch ausgedrückt, chapeau. Vor ca 15 Jahren hatte ich schon einmal alles hingeschmissen, weil 3 (!!!) Geschichten von mir zuerst von einigen Sendern als „passt nicht in unsere Programmschiene“ abgewiesen, letztendlich ein halbes Jahr später, mit einigen kleinen inhaltlichen Veränderungen, dennoch produziert wurden. Letztes Jahr überredete mich ein Kollege/Freund noch einmal zum Schreiben einer Idee. Als ob ich mich in einer Wdh.-Spirale befände, erlebte ich dasselbe wie einst….
    Jetzt habe ich wirklich keine Lust mehr.

  9. Andi sagte:

    Nachsatz:
    Ich weiß nicht, ob es klug ist, was du hier machst.

    Du stellst hier Leute öffentlich und mit vollem Namen an den Pranger. Das ist schon mal schwierig. Zumal wir nur deine Sicht der Geschichte kennen. Die – möglichweise nachvollziehbaren – Gründe der anderen kennen wir nicht.

    Wenn ich mir nun vorstelle, ich wäre Redakteur oder Produzent oderetwas Ähnliches und lese das hier. Und eine Woche oder ein Jahr später kommst du auf mich zu und schlägst mir ein Projekt vor.

    Dann würde ich unwillkürlich überlegen: Was, wenn es im Laufe der Arbeit – wie es ja zuweilen vorkommen soll – Meinungsverschiedenheiten gibt, du dich ungerecht von mir behandelt fühlst oder meinst, ich hätte dein Projekt verhunzt? Dann muss ich damit rechnen, dass ich mit vollem Namen und Vorwürfen belegt auf einer Internet-Plattform lande, die von Filmschaffenden gelesen wird.

    Darauf hätte ich eher wenig Lust…

  10. Jens Prausnitz sagte:

    @Jana: Es freut mich, dass hier jemand mal Partei für die Schwächeren ergreift, unsere ÖR Sender müssen in letzter Zeit schon viel einstecken, wie ja erst neulich Tom Buhrow so richtig festgestellt hat.

    Selbstverständlich ist mir die Schwemme an Filmen nicht entgangen, die in den vergangenen 25 seit dem Mauerfall die Geschichte der Wiedervereinigung ohne selbigen erzählt hat. Und dazu in Bayern spielt. Auf wahren Begebenheiten beruht. Eine vergessene Episode der Geschichte um 1989 darstellt. Und die DDR weder verteufelt, noch die BRD als Paradies darstellt. Natürlich hat der BR etwas besseres bereits in Produktion, was wir dann nächstes Jahr erfahren werden, wenn das Jubiläum ansteht.

    Vorher noch darf man PARADIES 505 bewundern, in der die Niederbayern so dargestellt werden, wie man sie bei dem Münchner Sender gerne sieht: Als sich in Wirtschaften und auf Begräbnissen prügelnde Hinterwäldler, sexuell verklemmt und zurückgeblieben, aber immerhin mit dem Herz am rechten Fleck. Hätte ich mal mehr solche Figuren reingeschrieben, ich säße heute woanders.

    Lesen Sie doch gerne den Stoff. Transparenter kann ich es weder Zuschauern noch den Sendern machen.

    Als dreist empfinde ich den Vorschlag, uns Autoren, Regisseure, Darsteller und Handwerker um den gleichen Topf prügeln zu lassen. Irrtum. Wir sind die Urheber, und das nur gemeinsam – nicht gegeneinander. Nicht der Schnellste oder gar der Beste gewinnt – was mein Beispiel zeigt, ist ja genau die Willkür, die sich auf keinerlei Katalog beruft. Da Sie anscheinend nur quer gelesen haben: Niemand(!) hat mir eine Begründung gegeben. Besonders die der BR Redakteure, die bei dem Pitch anwesend und davon begeistert waren würde mich in dem Kontext interessieren, und wie die 180 Grad Wende zustande kam. Öffentliche Gelder, trotzdem keine Rechtfertigungsgrundlage? Ich behaupte mal: Doch.

  11. Jana sagte:

    Es gibt „sachliche“ Richtlinien für das Bewerten. Das Medienboard hat ein Papier veröffentlicht, an dem sich ein Lektorat anlehnt. Es ist gut, wenn Sie sich diese Fragen dort auch klar beantworten können.

    http://www.medienboard.de/WebObjects/Medienboard.woa/wa/CMSshow/2647688
    („Standardlektorat Medienboard“ als Suchwort, falls der Link nicht funktioniert)

    Es gibt oft genug den Fall: ein Stoff ist fachlich, sachlich gut geschrieben und wird trotzdem abgelehnt weil…

    – der Stoff ist bereits woanders in Entwicklung
    – wurde gerade gesendet/gedreht ect
    – der Stoff ist gut, aber das Thema zu austauschbar
    – oder das Thema wurde schon mehrfach bearbeitet in ähnlicher Form (eine Redaktion kann auch nicht nur coming-of-age oder Auswanderer-Geschichten und Familiendramen machen), die interne Mischung machts. Und wenn das Thema/Genre schon vorliegt, dann sagt man einen Stoff auch ab.

    Es gibt zu der Außensicht der Absage des Stoffes, immer auch eine Innensicht der Redaktion/Produktion.

    Was fehlt da meistens? Das kann man nicht pauschalisieren. Jeder Stoff ist anders. Genre, Struktur, Dramaturgie, Sendeplatz müssen passen. (Es bringt nichts auf dem Rosamunde Pilcher-Sendeplatz großes Splatterkino anzubieten, da kann es das beste Splatter der Welt sein, es ist eine Absage)

    Eine Frage die ich mir immer beantworten muss, bevor ich einen Stoff empfehle. Was hat dieser Film, was kein anderer vor ihm hatte? Warum ist es wichtig, das diese Geschichte erzählt wird? Was ist anders? Sind es nur Nuancen zu tausendmal gesehenen Geschichten? (Verliebt in …. Afrika, Asien, Europa, wasweissich…) Und wenn es eine tausendmal gesehene Geschichte ist (boy meets girl ;)), was ist das besondere warum ich sie trotzdem sehen will?

    Was ich zu Jens einfach sagen wollte,.. nach vorne schauen, weiter machen, nicht festbeissen. Manchmal packt es ein Stoff einfach nicht, selbst wenn er gut ist. Es bringt nichts verbissen nachzuhaken. Eine Nachfrage was nicht gepasst hat, kann man verlangen. Und mit der Antwort muss man dann leben können.

    Vergessen Sie nicht, egal ob Anfänger, Profi oder preisgekrönter alter Hase: sie messen sich mit allen gleichzeitig, prügeln sich um die gleichen Töpfe. Es kann einfach nicht jeder etwas davon abbekommen. Egal ob er gut ist oder nicht. Vergessen sie die Erfolgsgeschichten von dem Einen, der es geschafft hat. Dem gegenüber stehen Hunderte die es nicht geschafft haben. Auch in Hollywood gibt es mehr Kellner als Schauspieler. 🙂

    Willkommen im Haifischbecken.

    PS: beobachte diesen Thread jetzt nicht weiter. Antworten können dauern.

  12. Bernd Späth sagte:

    Ja: genau so ist es, und nichts verwundert. Windige Figuren, bornierte Redaktionsbeamte, meist absolutes Mittelmaß, dessen Kompetenz sich in der blasierten Selbstpräsentation erschöpft. Eng im Kopf, denn Offenheit würde die eigene Wichtigkeit in Frage stellen. Unfähig, den Kern einer Geschichte zu erkennen, geschweige denn die Qualität von Dialogen. Was vom eigenen Horizont abweicht, wird entweder ignoriert, oder mit erlogener Allerweltsbegründung abgelehnt oder auf schlimmstmögliche Weise „passend“ gemacht. – Bis das heraus kommt, was bei den Öffentlichen inzwischen fast immer herauskommt: gequirlte Scheiße.

    Die gebildeten Zuschauer, denen diese Klippschul-„Qualität“ längst zum Halse heraushängt, werden ersetzt durch den virtuellen Zuschauer, den diese Produktionsbürokraten sich wortreich zusammenschwallern, um ihre Unfähigkeit hinter Statistiken zu verbergen. So werden alle verheizt: Autoren, Regisseure, Produzenten und Schauspieler. Und alle halten sie aus Angst die Schnauze. – Was also helfen würde, wäre nur ein radikaler Schnitt im Rahmen einer Brutal-Sanierung, die diese Melange aus Dummheit, Korruption und sexuellen Gefälligkeiten nicht nur auf die Straße, sondern zum Teil auch hinter Gitter bringen würde. Ein nahezu kompletter Austausch des Personals, abgesichert durch neue, nicht-korrupte Strukturen mit maximaler Transparenz.
    Bis dahin ist noch ein weiter Weg. Aber irgendjemand muss ja irgendwann damit anfangen, um den dreisten Zumutungen dieser Camarilla etwas entgegenzusetzen. Und, wenn möglich, irgendwann ein Ende zu setzen.

  13. Nicole Houwer-Joens sagte:

    @Jana: Zum Thema Lektorat: Wenn es ein gegengezeichnetes Lektorat ist, vielleicht sogar mit VEDRA – Siegel, so lasse ich mit mir über die Validität eines Qualitätsurteils reden. Die meisten Lektorate in Deutschland sind ihr Geld nicht wert. Und wenn ich im Umkehrschluss akzeptieren würde, dass wir die besten Geschichten in Deutschland garantiert auf unseren Bildschirmen und der Kinoleinwand sehe, so würde ich auf der Stelle meinen Beruf wechseln. In Deutschland „lesen“ Menschen, die Beziehungen haben und nebenbei ein bisschen Geld verdienen wollen. Leider… In dem Sinne wäre ich sehr vorsichtig in diesem Fall ein Werturteil über ein Drehbuch abzugeben. Ich würde mir das nicht erlauben, obwohl ich in jungen Jahren viel lektorierte, auch zum Beispiel für SENATOR und seitdem über Jahrzehnte schrieb, selber produziere und auch andere Autor/innen verlege. Hierzulande hat man als Trüffelschwein noch gute Chancen wirklich fündig zu werden. Man muss nur näher ansehen, was die Öffis ablehnen, dann wird es dramaturgisch meist schon spannend… Lieben Gruß, Nicole Houwer-Joens

  14. Andi sagte:

    Es gibt keinen Anspruch darauf, dass ein Stoff realisiert wird. Egal, ob irgendwer ihn toll findet. Es gibt schon gar keinen Anspruch darauf, dass ein Stoff von einer bestimmten Firma oder Redaktion oder einem bestimmten Sender realisiert wird.

    Es ist normal, dass die meisten Stoffe nicht realisiert werden.
    Wer Glück hat UND gut ist, hat vielleicht eine Quote von 1:5. Eher schlechter.

    Es ist normal, dass der Geschmack eine Rolle spielt.
    Es ist normal, dass Leute einmal getroffene Entscheidungen nicht gern korrigieren.
    Es ist normal, dass man sich manche Leute zu Feinden macht.
    Aus persönlichen Gründen oder sachlichen Gründen oder beidem.

    Es ist normal, dass man mit den einen kann, mit den anderen nicht. Das geht denen mit mir oder mit dir genauso.

    Wer durchhält und nicht total bescheuert ist und lernwillig und lernfähig ist, wird irgendwann auch Erfolg haben. Der eine früher, der andere später.

    „Weiter, immer weiter“ (Oliver Kahn)

    In diesem Sinne – mach weiter.

  15. Lukas sagte:

    Hallo Jens,

    dein Fall ist umso bedauerlicher, gerade weil deine Geschichte so an Tempo gewonnen hat. Der völlig unerwartete und abrupte Absprung der Produzenten nach einer intensiven Zeit der Zusammenarbeit lässt aber Zweifel aufkommen, ob es wirklich ihre freiwillige Entscheidung war. Dass du trotzdem Verständnis für sie aufbringst, ehrt dich. Aus meiner Sicht haben sich die Produzenten aber opportun verhalten. Man könnte dir jetzt natürlich vorschlagen, mit einer neuen Geschichte an die Sender heranzutreten, aber so wie’s aussieht, bist du längst – zumindest in den ÖR – zur perona non grata geworden.

    Da ohne Senderbeteiligung hierzulande so gut wie kein Filmprojekt gestemmt wird, kannst du dich von dem Gedanken verabschieden, als Autor oder Regisseur jemals in den etablierten Strukturen – außer du schreibst einen „Eventmovie“ für die drei großen Privaten – tätig zu werden. Nach den ganzen Erfahrungen aber ist das für dich wohl mehr Trost als Drohung.

    Was könntest/ solltest du jetzt tun?

    „Dein“ Projekt „Woipating“ in allen Ehren, aber mir scheint das ein sehr, sehr großes Unterfangen zu sein, dessen Realisierung sehr viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Wie wäre es stattdessen, Mitstreiter für eine kleine, nette, charmante, persönliche und vor allem stemmbare Webserie zu suchen? Ich glaube, damit würdest gegenwärtig besser fahren, weil der Rahmen kleiner wäre.

    Kopf hoch!!!

  16. Nicole Houwer-Joens sagte:

    @Jens: Großartig beschrieben, und mehr als einen dieser Protagonisten kenne ich auch persönlich. Vermutlich hat es finanziell nicht gestimmt bei Deinem Projekt, vielleicht fehlte der sogenannte „Rückfluss“, der ein TV-Projekt oft sehr viel attraktiver macht. In meinem Buch „Tanz der Zitronen“ beschreibe ich noch extremere Situationen – über den Zeitraum von zwanzig Jahren bei ARD und ZDF. Bestechung ist keine Seltenheit. Auf keinen Fall sollte man die Qualität der eigenen Arbeit anzweifeln, denn das es darum eben gerade nicht geht, zeigt die momentan gesendete Qualität. Wie geht man mit Bestechung, Schwarzen Listen und politischen Einfluss um? Ich befürchte, dass viele der Menschen, die gegenwärtig als Redakteur/innen beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen arbeiten, nur geringe Chancen in der freien Wirtschaft hätten. Sie müssen also ebenfalls in einem System mit schwimmen, das schon längst obsolet ist und zudem durch und durch korrupt. Meine Meinung: Viele deutsche Fernsehfilme wären ohne redaktionelle Betreuung besser und vielleicht einige auch international verkäuflich. Und genau an dieser Stelle wird es absurd. Warum brauchen deutsche Filmemacher diese Art von Supervision überhaupt? Genau. Es geht lediglich um Geldverteilung (öffentliche Gelder) und das ist bekanntermaßen ein Feld für allerlei Getümmel, auch und vor allem im Bereich der sogenannten Lektoren, gerne aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis. Es ist einfach nur peinlich. Meine Bitte, dass sich diejenigen Menschen, die sich in der Branche ernst nehmen auch auf öffentlich-rechtlicher Seite, mit einer professionellen Vita ins Netz stellen, stieß auf starke Ablehnung. Angeblich würde das Neid erregen. Neid? Ja, das ist der reine Schwachsinn. Die meisten von uns hätten nur gerne für über acht Milliarden jährlich auch halbwegs erträgliches Programm. Halbweg kollegiale Arbeitsbedingungen muss man sich wahrscheinlich abschminken, wenn man nicht gut im Bestechen ist, so meine Meinung. Das Staatsfernsehen, so wie wir es im Moment alle mit Gebühren bezahlen müssen, hat leider viele Nachteile! Das macht diese eigenartige Situation mit den Redaktionen und auch den Sender -Töchtern und -Enkeln (wie auch der Bavaria Film so schwierig), ebenso den Umgang mit der Produzentenallianz. Alle hängen sie am Tropf. Diesen Geldtropf hält leider die Politik in der Hand und verlangt als Obolus immer mehr Posten und Pöstchen … weil es ja dann doch so schick ist beim „Film“ mitzumischen. Und in den Redaktionen hat man ja sogar das sagen und kann sogar die Besetzung entscheiden! Armes Film-Deutschland, dunkle ÖR-Zeit vor allem! Aber auch eine wunderbare neue Chance für erweiterte Strukturen als INDIE-Plattform. In diesem Sinne, vielleicht einfach mal melden und sich austauschen? Das würde mich sehr freuen! Lieben München-Gruß, Nicole Houwer-Joens

  17. AlicanK sagte:

    Uff das war lang. Ich arbeite derzeit an der Projektmappe meines hoffentlich ersten Spielfilms. Habe zwar schon viele Drehbücher zu dem Zweck geschrieben, aber doch wieder verworfen. Ich muss hierbei ehrlich sagen, dass mich die Idee an sich nicht reizte, das kann aber auch daher rühren, dass ich erst 89 geboren bin und das nicht einmal in Deutschland. Dennoch finde ich die Motivation mit der du versucht hast oder hoffentlich noch versuchst deinen Stoff durchzukriegen bewundernswert.

    Ich habe so gut wie keine Erfahrung mit Sendern, Produzenten und allgemein alles was mit Filmfinanzierung zu tun hat. Werde für mein Projekt aber das nicht umgehen können. Für meine Kurzfilme habe ich immer eigenes Geld aufgebracht weil ich keine Lust hatte (den Spruch finde ich sau gut) mit angezogener Handbremse im Vollgas etwas zu versuchen, das mich nur dabei behindert den Film endlich zu machen. Und zwar die Schlammschlacht mit Produzenten oder eben Geldgebern. Als ich noch ganz frisch meinen ersten Kurzfilm fertig hatte vor mittlerweile vielen Jahren, wollte ich mal ein solches, gesponsertes Projekt starten. Dabei bin ich auf die Schnauze gefallen, weil ich mich zusehr darauf verlassen hatte, dass da Hilfe zu Stande kommt. Danach habe ich mich auf kleinere Projekte, die ich alleine finanzieren konnte konzentriert.

    Nun habe ich die Mappe fast fertig und will dann etwas tun, wovor ich sonst lange Zeit Angst hatte. Ich will Produzenten, Sender und Sponsoren anschreiben die den kreativen Autorenüberschuss in mir mit ihrem Finanzierungsfachwissen ausgleichen.

    Aber ich fürchte, dass kein einziger Sender hierzulande das Projekt unterstützen wird. Mir bleibt die Hoffnung auf einen mutigen Produzenten, der Spaß an modernen Stoffen hat und Crowdfunding (womit man aber nur einen Teil finanzieren kann). Ich werde wie gesagt das Projekt auch bei Sendern pitchen, da eine Partnerschaft da dem Projekt gut tun könnte aber genau wie du glaube ich, dass man sich nicht darauf verlassen kann/sollte.

    Das mieseste an der ganzen Geschichte ist, dass mindestens die Hälfte der Produktion von deutschen Filmen, vom Sender getragen wird. Neulich habe ich gelesen 40%. Das ist ein enormer Kompromiss den man da eingeht. Besonders frustrierend ist dann, wenn man jeden Monat Geld an diese Sender zahlen muss.

    Da muss sich definitiv etwas ändern.

    @Jana
    Nach welchen Kriterien beurteilen Sie einen Stoff? Wenn es nicht gut genug ist, was fehlt da meistens? Was haben die sehr guten Stoffe, was die schlechteren Stoffe nicht haben? Worauf wird da am meisten Wert gelegt? (die genannten Punkte waren schon sehr interessant aber vielleicht hilft es, wenn es da bisschen mehr ins Detail gegangen wird)

  18. Jens Prausnitz sagte:

    @Jana: Seit sieben Jahren arbeite ich „unter anderem“ an dieser Geschichte – und intensiv war die Arbeit daran im letzten Jahr, weil ich Produzenten hatte. Du bist gerne eingeladen dir selbst ein Bild zu machen, es ist alles online, Treatment, Drehbuch, Step-Outline, Synopsis, Exposé, Logline: http://generation89.de/film/anschauungsmaterial/

    Natürlich kann mein Buch schlecht sein, darum überarbeitet man es, schreibt an einem anderen weiter. Aber was wenn das Gegenteil der Fall ist? Es ist gut, und das sagen dir Kollegen, deine Produzenten, dein Agent (den du vorher gar nicht hattest), deine Dramaturgin… ist es dann immer noch so offensichtlich, dass die „Schuld“ bei mir liegt?

    Ich schreibe längst an was anderem, und zwar offen, im Internet, als Crowdwriting-Projekt. Nur an das Fernsehen wende ich mich nie wieder, weil dort reine Willkür herrscht, ohne jede Transparenz. Frag mal bei den genannten Namen nach, warum die so urplötzlich alle den Mund halten. Ist das normal?

    Meine Brötchen verdiene ich mit Werbung, und da gehen Millionenbudgets professionell im Wochentakt über die Bühne, und man arbeitet kreativ miteinander, nicht gegeneinander. Und bei unserem System arbeitet man mit angezogener Handbremse im ersten Gang bei Vollgas, während einem die Abgase ins Auto geleitet werden – und jetzt habe ich keine Luft mehr gekriegt und bin lieber ausgestiegen.

  19. Jana sagte:

    Lieber Jens,

    ich arbeite selbst im Lektorat. Mich erreichen Stoffe, mit viel Arbeit und Herzblut geschrieben und mit einem Schuss Talent. Und trotzdem sage ich diese ab. Einige Gründe:

    – es ist einfach nicht gut genug
    – es gab die Geschichte schon zu oft
    – es sind schon weitere ähnliche Stoffe in Entwicklung
    – die Produktionsfirma ist die falsche
    – Cast/Regie ect ist die falsche

    … mich erreichen täglich sehr gute Packages,.. und wenn dann ein gutes oder mittelmäßiges kommt.. warum dieses nehmen?

    … Und hast du schonmal geprüft, eine andere Geschichte zu verfolgen? 7 Jahre an einem Buch ist doch frustrierend. Löse dich von der Geschichte, und versuche voranzukommen. Du trittst auf der Stelle und offensichtlich sind immer nur die anderen Schuld. Schreib einfach weitere gute Stories und versuche es erneut, auch gerne bei den gleichen Redaktionen. Wenn ein Projekt nicht auf die Füße kommt, muss man ein weiteres nehmen.

    Auch Produktionsfirmen haben immer mehrere Stoffe in Entwicklung und krallen sich nicht an einem fest. Es gibt soviele Gründe… und bayrische Geschichten beim BR unterzubringen… da bist du nicht der erste der das versucht. 🙂

    Viel Erfolg und schau nach vorne.

  20. Jens Prausnitz sagte:

    @Angi: In Österreich ist es leider auch nicht viel besser, wie man in dieser Artikelserie nachlesen kann: http://torrent-magazin.de/2013/06/26/wunder-gibt-es-nicht-zum-wirklich-wahren-zustand-des-osterreichischen-serienwesens/

    Mit Crowdfunding alleine lässt sich das auch nicht stemmen – das habe ich ja letztes Jahr bereits vergeblich versucht (siehe Artikel aus dem Vorjahr, alles transparent und ausführlicher auf dem Blog – und damit Ursache für den Schlamassel in diesem Jahr).

    Außerdem kriegst du kaum einen Verleiher, wenn du nicht einen TV-Sender im Boot hast. Ist unmöglich. Bleibt Pay-TV und Streaming-Angebote, und die sind unsere letzte Alternative. Jedenfalls so lange die Drosselkom ihnen nicht den Hahn abdreht…

  21. Angi sagte:

    Drum schaut unsere Fersehlandschaft so aus, wie sie ausschaut. In Österreich sind sie mutiger, vielleicht. Muss ja kein deutscher Sender produzieren. Oder Crowdfunding und selber machen. Ab ins Kino damit 😉

    Toitoitoi!

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