Hoffnungsschimmer

Auf die Knie, ihr Filmschaffenden – doch nur fürs Gruppenfoto. Während der Berlinale wurden wieder die fairsten Produktionsbedingungen in der Branche ausgezeichnet. | Foto © Die Filmschaffenden

Am Samstag voriger Woche gab’s in Berlin mal wieder einen „Hoffnungsschimmer“. Der eine oder andere erinnert sich: Das ist der Preis, mit dem 14 Berufsverbände der Branche Produktionen auszeichnen, die für vorbildliche Arbeitsbedingungen sorgten. Man wolle ja nicht immer nur meckern. Insofern ist der Preis eine feine Sache, erst Recht, weil er zum Auftakt der Berlinale verliehen wird und so ein schönes Gegenlicht zum üblichen Glitzerkram setzt. Dass ich erst eine Woche später dazu schreibe, liegt aber nicht daran, dass es auf dem Festival so viele Filme zu sehen gab oder zu viele Parties von Filmförderern zu feiern, die nur in Grenzen interessiert, wie ihr Geld verwendet wird. Sondern an der Wundermütze, die ich mir immer tiefer über den Kopf gezogen hatte, bis ich ein wenig sprachlos war – schon vor der Preisverleihung.

Bisher war ich ja immer davon ausgegangen, dass erstens die Produktionsbedingungen im Filmland Deutschland zu oft suboptimal sind, zweitens die Filmschaffenden das eher weniger toll finden und drittens darum jeder Versuch, daran etwas zu ändern, begeistert aufgenommen werden müsste. Erst recht, wenn das eigene Engagement dafür keine Mühe und weniger als eine Minute Lebenszeit kostet. Denn wer den Preis erhält, darüber stimmen die Filmschaffenden selbst ab. Man könnte seine Zeit also auch wesentlich sinnloser verschwenden.

Doch irgendwie muss ich bei meiner Folgerung eine Abzweigung verpasst haben. Um möglichst viele Filmschaffende mitentscheiden zu lassen, arbeitet die Bundesvereinigung „Die Filmschaffenden“ für den Hoffnungsschimmer mit dem Branchennetzwerk Crew United zusammen. So wurden 13.000 Filmschaffende zur Abstimmung aufgerufen. Gerade mal 1.400 hatten sich beteiligt – nur knapp jeder Neunte.

Naja, das kann sich ja noch geben, schließlich gibt’s den Hoffnungsschimmer ja erst seit drei Jahren. Dachte ich und schaute, was ich voriges Jahr dazu geschrieben hatte. Und fühlte, wie mich auch die letzten guten Geister verließen. Weil es im vorigen Jahr genauso viele oder wenige waren, die mitmachten, also offenbar den meisten Beschäftigten in der Filmbranche die Arbeitsbedingungen, über die sie selbst immer wieder stöhnen, letztlich egal sind (übrigens sind allein in den 14 Berufsverbänden der Bundesvereinigung schon rund 4.000 Filmschaffende organisiert). Und deshalb kann man genauso gut einfach das hier noch mal lesen, und wer wissen will, wer dieses Jahr gelobt wurde, kann ja hier nachschauen. Auch wenn es eh keinen zu interessieren scheint. Wir gratulieren trotzdem.

Aber wie soll auch so ein Preis schon die Welt besser machen, mag man da einwenden, obwohl das Kino doch voll von Beispielen ist, was Solidarität und Gemeinsinn alles vermögen. Die Wirklichkeit übrigens auch.

Man könnte aber auch andersrum fragen: Was wäre, wenn keiner was tut? Zwar gerne mal meckert, aber es damit auch schon gut sein lässt. Huch – das hatten wir ja auch schon…

1 Kommentar
  1. Steffen Malzacher sagte:

    Ich war zunächst genauso erschüttert, als ich letztes und dieses Jahr die Zahlen der abgegebenen Stimmen gelesen habe.
    Allerdings vermute ich inzwischen, dass dieses Ergebnis zwar erschreckend ist, aber aus einem anderen Grund:
    Bewusst war der Hoffnungsschimmer als positiver Preis konzipiert worden: man wollte loben und nicht (schon wieder) anklagen.
    Da es also lediglich um die Kür der „fairsten“ Produktion des Jahres ging, fühlten sich natürlich nur die Filmschaffenden zur Stimmabgabe aufgerufen, die das Glück hatten bei einem – zumindest potentiellen – Kandidaten für den Preis mitgewirkt zu haben.
    Insofern lässt sich das Ergebnis auch dahingehend interpretieren, dass sich weniger als 12 Prozent unserer Kolleginnen und Kollegen im vergangenen Jahr außergewöhnlich fair behandelt gefühlt haben.
    Aus diesem Grund sollte nun der nächste Schritt getan werden und ab diesem Jahr alle Bewertungen veröffentlicht werden. Auf diese Weise könnte durch die Abstimmung über den „Hoffnungsschimmer“ ein öffentliches Bewertungsforum für die Produktionsbedingungen in Deutschland entstehen – sozusagen als willkommenes „Abfallprodukt“.
    Ich bin mir sicher, wenn die Stimmberechtigten wissen, dass sich auch ein „Ungenügend“ in der öffentlichen Wahrnehmung wiederfindet, sie auch nicht zögern werden es zu vergeben – wenn es denn angebracht ist! Ebenso macht es dann auch Sinn, eine durchschnittliche Bewertung abzugeben, da auch diese für die Mitstreiter eine wertvolle Information darstellen kann.
    Ich wage die Prognose, dass man unter diesen Umständen eine Beteiligungsquote von über 50 Prozent erzielen wird.
    Und daran, dass es am Ende einen zu lobenden Sieger gibt, würde sich schließlich auch nichts ändern!

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